Heute spricht Matthias Pfeifer mit Sophie über den ersten Chatbot bei der WIR Bank. Welche Erfahrung die Bank mit dem Bot gemacht hat, wie der erste Usecase definiert wurde und wovon die Beteiligten überrascht waren, erfahrt ihr in dieser Podcast-Folge.
Zu Matthias Pfeifer
Matthias Pfeifer ist Leiter Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung bei der WIR Bank. Die Bank ist auf drei Säulen aufgebaut. Neben klassischen Themen rund um Finanzierung, Zahlen und Vorsorge hat die Bank ein eigenes Netzwerk von KMU mit einer eigenen Währung, der WIR aufgebaut. Die dritte Säule bildet die enge Zusammenarbeit mit FinTechs.
First Touchpoint
Während seines berufsbegleitenden Masterstudiums hat sich Matthias erstmals näher mit dem Thema Chatbots beschäftigt. Dabei hatten die Studierenden einen Tag lang die Möglichkeit, einen Chatbot selbst zu programmieren, berichtet er begeistert. Genau diese Begeisterung hat er vor eineinhalb Jahren bei seinem Wechsel von der UBS zur WIR Bank mitgenommen. Das einzige, was noch fehlte, war ein erstes kleines Konzept und natürlich ein Use Case.
Der Nutzen des Kunden steht im Mittelpunkt
Ausgehend von diesem Motto machte sich Matthias mit seinen Kollegen auf die Suche, wo ein Chatbot den Nutzen der Kunden erhöhen und gleichzeitig die digitale Transformation innerhalb der Bank fördern kann. Fündig geworden sind sie bei einem Use Case für ihr KMU Netzwerk. Wenn dort ein Auftrag abgewickelt wird, dann wird ein Teil in WIR und ein Teil in Schweizer Franken bezahlt. Mit dem WIR Geld kann man dann etwas bei den anderen KMU des Netzwerks kaufen. Dabei stehen den 30.000 Unternehmen des Netzwerks insgesamt 30 Kundenberater zur Verfügung. Und genau hier liegt das Problem, berichtet Matthias, denn das sind einfach zu wenig.
Der Chatbot unterstützt die Kunden und nimmt sie an die Hand, indem er ihnen zeigt, wofür sie ihr WIR einsetzten können. Dabei setzt die WIR Bank auf einen regelbasierten Bot. Das bedeutet, dass der Bot keine Freitexteingaben des Nutzers versteht. Vielmehr klicken sich die Nutzer durch den Bot, der durch geschicktes Fragen die Wünsche der Nutzer versucht herauszufinden. Wenn erstmal feststeht, dass der Nutzer beispielsweise eine Uhr sucht, kann er am Ende der Journey in einem Feld seine Lieblingsmarke eingeben und schon spuckt der Chatbot einen Link zu einem Unternehmen des Netzwerks aus, das genau diese Marke anbietet. Auf der Plattform selbst ist der Chatbot dann nicht mehr aktiv, denn dort hilft eine eigene Search Engine dem Nutzer bei der Wahl des passenden Modells.
Die systematische Beratung mit Hilfe des Bots verfeinern
Besonders stolz ist Matthias auf die Systematik des Chatbots, mit der er die Kunden berät. Dazu wurden die Möglichkeiten, in denen man die WIR Währung einsetzten kann, in vier Bereiche aufgeteilt und dann immer weiter verfeinert. Dadurch konnten selbst die erfahrenen Kundenberater noch etwas lernen und ihre Beratung weiter verfeinern und systematisieren, um den Kunden bestmöglich zu beraten. „Jeder Kundenberater hat ja einen eigenen Fokus und ein eigenes Netzwerk, was er bei der Beratung einsetzten kann“, erzählt Matthias Pfeifer. Der Chatbot hilft, den eigenen Horizont zu erweitern und bringt eine neue Systematik in die Beratung.
Zwar ist der Chatbot für die externen Kunden und nicht für die internen Mitarbeiter gedacht, doch durch den Lerneffekt für die internen Kundenberater sieht die WIR Bank hier weiteres Potenzial für einen zukünftigen Use Case. Denkbar wäre ein Bot, der für die Wissensvermittlung beispielsweise zur Schulung in einem spezifischen Themengebiet in der Beratung eingesetzt wird.
Namensfindung mal anders
Sehr unkonventionell ging die WIR Bank bei der Namensfindung des Chatbots vor, gerade wenn man bedenkt, dass es sich um eine Bank handelt, die doch eher für ihr konservatives Vorgehen bekannt sind. Mithilfe von Sophie wurde eine Umfrage auf LinkedIn gestartet, bei der immerhin über 50 Namensvorschläge eingingen, von denen letztendlich einer ausgewählt wurde. Der gesamte Prozess ging dabei nur über wenige Tage und ganz ohne langwierige Genehmigungsprozesse innerhalb der Bank.
Und wie spricht er so?
Da der Chatbot bei der WIR Bank ein Prototyp ist, ist die Persönlichkeit bisher noch nicht so stark ausgeprägt, wie es bei anderen Bots der Fall ist, sondern eher pragmatisch gestaltet, berichtet Matthias. Der WIR Bank, die selbst als KMU gilt, ist es wichtig, mit ihren Kunden direkt und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Diese Tatsache hat man selbstverständlich auch in die Persönlichkeit des Bots mit einfließen lassen. So verwundert es nicht, dass der Chatbot die Nutzer mit „Du“ ansprichst, statt mit „Sie“. Wir haben viele Handwerker und Baukunden, da ist das Eis oft schnell gebrochen und wir pflegen sowieso schnell das „Du“, erzählt Matthias. Zudem hat sich die WIR Bank für eine jüngere Ansprache der Kunden entschieden, um dem Chatbot als einem innovativen digitalen Kommunikationskanal Rechnung zu tragen. Wir wollen mit unserem Chatbot genauso kommunizieren, wie wir es in einer persönlichen Geschäftsbeziehung tun, sagt Matthias Pfeifer.
Next Step´s
Im Laufe der Zeit hat die WIR Bank gemerkt, dass zum Teil andere Zielgruppen den Bot nutzen als ursprünglich gedacht. Dieser Umstand ist sicher auch dem geschuldet, dass der Chatbot auf der Startseite der Webseite platziert ist und so alle Kundensegmente auf ihn aufmerksam werden, egal ob sie Vorsorgen, Sparen oder ihre WIR Währung einsetzen wollen. Aus diesem Grund möchte die Bank den Chatbot in den nächsten Monaten noch an verschiedenen anderen Orten auf der Unternehmenswebseite testen und mehr über die eigentliche Zielgruppe lernen, nämlich Leute, die ihre WIR Währung einsetzten möchten. Mit den Erfahrungen will man sich dann im Anschluss das gesamte Chatbot-Konzept noch mal anschauen und bei Bedarf anpassen. Eigentlich ist ein Ende ja auch gar nicht in Sicht, sondern das Ganze ist ja ein iterativer Prozess, erzählt Matthias und lacht.
Learnings
1. Stellt bei der Suche nach einem passenden Use Case den Nutzen des Kunden in den Mittelpunkt.
2. Ein Chatbot kann ungeahnte Nebeneffekte auslösen. In diesem Artikel beispielsweise indem Kundenberater eine neue Systematik bei der Beratung lernen.
3. Geht auch mal unkonventionell bei dem Projekt vor und startet zum Beispiel für die Namensfindung des Chatbots eine Umfrage auf LinkedIn.
4. Es gibt kein Ende bei einem Chatbot-Projekt, sondern es handelt sich um einen iterativen Prozess.
Am besten hört ihr gleich mal selbst in die Podcast Folge mit Sophie Hundertmark und Matthias Pfeifer rein. Viel Spass!
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