Ein Beitrag von Sophie Hundertmark.
Sophie Hundertmark ist Expertin für den praktischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz mit Schwerpunkt auf Chatbots, AI-Strategien und verantwortungsvoller Technologieintegration. Sie ist Forscherin und Dozentin an der Hochschule Luzern und schreibt derzeit ihre Dissertation im Bereich Conversational AI an der Universität Fribourg. Als Beraterin begleitet sie Unternehmen, Verwaltungen und Bildungsinstitutionen bei der Einführung wirksamer KI-Lösungen. Mehr zu Sophie Hundertmark auf auf Linkedin.
1. Die Funktionsweise verstehen: Wie ChatGPT "denkt"
Bevor eure Kinder ChatGPT aktiv nutzen, ist es entscheidend, dass sie ein grundlegendes Verständnis dafür entwickeln, wie ein solches Modell überhaupt funktioniert. ChatGPT ist keine Person und auch kein allwissendes Lexikon. Es ist ein Computerprogramm, das auf riesigen Mengen von Textdaten aus dem Internet trainiert wurde. Wenn es eine Frage beantwortet, tut es dies, indem es die Wahrscheinlichkeit berechnet, welches Wort als Nächstes kommen sollte, basierend auf den Mustern, die es in den Trainingsdaten gelernt hat. Es "versteht" nicht im menschlichen Sinne, sondern kombiniert Informationen statistisch.
Wichtig: Das bedeutet auch, dass ChatGPT Fehler machen kann. Meine Erfahrungen in Workshops haben gezeigt, dass Kinder dies oft unterschätzen oder nicht wissen. Sie neigen dazu, die Antworten der KI als absolut richtig anzunehmen. Daher ist es unerlässlich, dass eure Kinder lernen, jede Antwort kritisch zu hinterfragen. Ermutigt sie, die Informationen mit anderen Quellen abzugleichen und zu prüfen, ob die Antworten plausibel sind. Dies fördert nicht nur den kritischen Umgang mit KI, sondern auch die allgemeine Medienkompetenz.
2. Persönliche Daten sind tabu: Was ist wichtig und warum?
Ein weiterer zentraler Punkt ist der Schutz persönlicher Daten. Eure Kinder müssen verstehen, was persönliche Daten sind (z.B. Name, Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum, Schule, Hobbys, Fotos mit Personen darauf) und warum sie diese niemals in ChatGPT oder ähnlichen KI-Tools eingeben sollten.
Der Hauptgrund ist der Datenschutz. Alles, was in ChatGPT eingegeben wird, kann von den Betreibern des Dienstes gespeichert und möglicherweise zur weiteren Verbesserung des Modells verwendet werden. Das bedeutet, dass persönliche Informationen, die einmal eingegeben wurden, nicht mehr kontrollierbar sind und theoretisch in den Trainingsdaten anderer KI-Modelle landen könnten. Macht euren Kindern klar: Der Chatbot ist kein Freund, dem man private Geheimnisse anvertraut. Er ist ein Werkzeug, das mit Informationen gefüttert wird, die potenziell öffentlich werden könnten.
3. Wann ChatGPT ein guter Helfer ist – und wann nicht
ChatGPT kann ein unglaublich nützliches Werkzeug sein, wenn es richtig eingesetzt wird. Es ist wichtig, euren Kindern beizubringen, wann es sinnvoll ist, ChatGPT zu nutzen, und wann nicht.
Wann ChatGPT gut genutzt werden kann:
- Lernunterstützung und Prüfungsvorbereitung: ChatGPT kann komplexe Themen erklären, Zusammenfassungen erstellen oder Lernkarten generieren. Zum Beispiel könnte ein Kind ChatGPT bitten, "die Photosynthese in einfachen Worten zu erklären" oder "fünf Quizfragen zum Thema römische Geschichte zu erstellen". Es kann auch dabei helfen, Grammatikübungen zu erstellen oder Vokabeln abzufragen.
- Ideenfindung und Brainstorming: Bei der Suche nach Ideen für Geschichten, Projekte oder Präsentationen kann ChatGPT als kreativer Sparringspartner dienen.
- Sprachliche Unterstützung: Es kann helfen, Texte zu formulieren, Formulierungen zu verbessern oder Übersetzungen anzufertigen.
- Allgemeine Wissensfragen: Für schnelle Fakten oder Erklärungen zu einem breiten Spektrum von Themen.
Wann ChatGPT nicht genutzt werden sollte:
- Wenn menschliche Interaktion gefragt ist: ChatGPT kann niemals den Austausch mit Freunden, Familie oder Lehrkräften ersetzen. Wenn es um soziale Interaktion, Empathie oder persönliche Ratschläge geht, sind menschliche Kontakte unerlässlich. Fragen wie "Was soll ich tun, wenn ich traurig bin?" oder "Wie löse ich einen Streit mit meinem Freund?" gehören in den Bereich menschlicher Beziehungen, nicht in den eines Chatbots.
- Für Hausaufgaben, die eigenständiges Denken erfordern: Es ist wichtig, dass Kinder ihre Hausaufgaben selbst erledigen, um Lernprozesse zu durchlaufen. ChatGPT sollte hier höchstens als Hilfsmittel zum Verständnis oder zur Überprüfung, nicht aber zur reinen Aufgabenerledigung dienen.
Tipps für präzise Prompts (Eingaben):
Damit ChatGPT die gewünschten Antworten liefert, ist es entscheidend, präzise Fragen zu stellen. Gebt euren Kindern folgende Ratschläge mit auf den Weg:
- Seid spezifisch: Je genauer die Frage, desto besser die Antwort. Statt "Schreibe etwas über Tiere", besser "Schreibe einen kurzen Text über die Nahrungssuche von Füchsen im Winter".
- Gebt Kontext: Erklärt ChatGPT, welche Rolle es einnehmen soll oder welches Ziel die Antwort hat. Z.B. "Erkläre mir als Wissens-Experte für Kinder die Funktionsweise eines Vulkans."
- Begrenzt die Länge: Gebt an, wie lang die Antwort sein soll, z.B. "Antworte in zwei Sätzen" oder "Fasse dies in drei Stichpunkten zusammen".
- Fragt nach Beispielen: Wenn etwas unklar ist, fordert Beispiele an.
Der Umgang mit KI-Tools wie ChatGPT ist eine neue Kompetenz, die eure Kinder erlernen müssen. Indem wir sie über die Funktionsweise aufklären, sie zum kritischen Denken anregen und ihnen klare Richtlinien für den sicheren und sinnvollen Gebrauch an die Hand geben, können wir sicherstellen, dass sie die Chancen dieser Technologie nutzen, ohne sich den potenziellen Risiken auszusetzen. Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene, sie auf diesem Weg zu begleiten und ihnen die nötigen Werkzeuge für eine selbstbestimmte digitale Zukunft mitzugeben.
Unser Campingplatz-KI-Song zum Abschluss
Dieser Blogbeitrag entstand im Kontext meiner ChatGPT-Workshops mit Kindern auf dem Campingplatz. Dort haben wir nicht nur gelernt, wie Künstliche Intelligenz funktioniert und wie man sie sicher nutzt, sondern auch, wie kreativ man damit sein kann. Als krönenden Abschluss eines jeden Workshops haben die Kinder selbst einen Song entwickelt, der all unsere wichtigen Learnings auf spielerische Weise zusammenfasst.
Hier könnt ihr ihn hören:
Weitere Fragen oder Unterstützung gewünscht?
Ihr habt Fragen dazu? Ihr seid unsicher, wie ihr mit der Neu-Organisation beginnen könnt? Ihr fragt euch, wo euer Organisation heute steht und wie ihr die Neuausrichtung meistern könnt?
Gerne unterstütze ich euch, stehe als Sparring-Partner zur Verfügung und beantworte eure Fragen. Ich freue ich mich immer über eure Nachrichten, am liebsten per WhatsApp Nachricht oder als E-Mail.
Noch mehr Inputs
In Kürze wird unser neues Buch "Hey KI…" verfügbar sein. Dieses Buch richtet sich vor allem an Eltern und alle, die Zeit zusammen mit Kindern verbringen. Ihr könnt es bereits per E-Mail bei mir vorbestellen.





